Trailrunning mit Hund

9. Dezember 2024 •

Richtigerweise „mit Hündin“, denn Mavi ist eine Dame und 8,5 Jahre alt. Das bedeutet sie ist eigentlich rund 60 Jahre alt. Und ziemlich fit für den beinahe Renteneintritt. Bei Mavi würde es viel eher eine Pension sein, denn ihre berufliche Tätigkeit beim TRAIL Magazin glich oft einer Verbeamtung.

 

Ich kann mir Laufen ohne den Hund, diesem Vieh ohne Rassezugehörigkeit, nicht mehr vorstellen. Ich möchte sogar sagen, dass es ohne Hund sinnloser ist.
Ab und an gönne ich ihr nun, aufgrund des erwähnten Alters, eine Pause und laufe alleine. Aber das bringts nicht. Ich bin ohne sie orientierungslos. Ein Lauf mit Mavi ist immer und grundsätzlich super, Läufe ohne sie sind manchmal fad.

Mit Mavi hatte ich Glück. Ich war ja vollkommen ahnungslos und uninformiert was Hunde anging und ließ mich damals, vor rund 8 Jahren, einfach hinreissen. Da war diese Anzeige. Da war diese ältere Frau mit den 20 Hunden im Haus am See. Alles Schicksale, lauter treue und hoffnungsvolle Augen. Riesige Hunde, sehr kleine Hunde, alle sehr laut, ein wahnsinniges Durcheinander. Und dann die sehr dünne, bis auf die Knochen abgehungerte Bodeguero-Mix-Schönheit mit dem dreifarbigen Fleckenfell. Ganz still, neugierig und ziemlich smart in diese wilde Truppe integriert. Schockliebe. Meine Frau so „Die. Nur die.“ Ich so „Zucker. Ich dreh durch.“

Wir fuhren nach Hause ohne Sie. Wir überlegten. Wir entschieden, dass so ein Hund nicht unser Leben passt. Nicht jetzt. Die Kinder noch zu präsent. Patchwork-Situation und dann nochmal mehr Verantwortung. Nee. Geht halt nicht. Zwei Tage später fuhr ich ans Haus am See. Mit Bargeld, Leine, Kuscheldecke und Fotos unserer Wohnung.
Mavi war fortan bei uns. Meine Frau kochte. Nur kurz und danach sogar immer frisch für Mavi.

Mein Leben wurde besser durch sie. In so vielen Hinsichten und natürlich auch im Hinblick auf mein Trailrunning, denn sie war nun immer dabei. Meine Naivität und. Blauäugigkeit erzogen sie zu einem perfekten Laufhund. Im Nordharz nahm ich sie zu einem Revierguide-Communityrun mit, bei dem mehr als 150 Leute in riesigen Gruppen liefen. Die Hündin ohne Leine und so intuitiv und selbstverständlich mal bei mir, dann am Ende des Feldes oder ganz vorne. Aber immer in dieser Gruppe und mit einer herrlichen Selbstverständlichkeit. Ihr Jagdtrieb – ein echtes Glück – war von Beginn an nur wenig ausgeprägt. Mavi fand und findet nur ganz kleines Tierzeugs spannend, also Echsen und Mäuse, ein Falter, ein Käfer. Vor Rehen, Hirschen und Füchsen hat sie Angst. Die erste Fuchsbegegnung erlebte sie ganz eng an meinen Kniekehlen.
Mit ihr in fast jeder Situation ohne Leine zu laufen, machte das Ganze sehr einfach und befreiend. Nur an Höfen, Almen und Alpen nahm ich sie kurz und die Sache mit den Kühen ist so eine Sache, die sie mit Bravour löst. Kuhherden erkennt und hört sie von Weitem, sie sucht sich Wege und umläuft die Rinder in weitem Bogen. Nur einmal wurden wir von einem Bullen verfolgt – es war kein Spaß, es war knapp, wir waren beide im Sprint unseres Lebens und wussten beide „jetzt gilt es. Jetzt. Jetzt laaaauufen“.

Mavi wiegt 14 Kilogramm und hat lange Beine. Der ideale Laufhund. Dieser legendäre „Cactus“, der Hund welcher beim Marathon des Sables vor einigen Jahren mit den Teilnehmern komplett durch die Sahara lief, Tag für Tag, eine Woche lang, jede Etappe ganz lässig schaffte, sieht Mavi zum Verwechseln ähnlich. Südspanien, die Ursprungsheimat von Mavi und Marokko sind ja nicht so weit voneinander entfernt.
Ich weiß nicht wie oft wir gemeinsam oben an einem Gipfel auf den sattblauen Chiemsee geblickt haben und ich dabei merkte, wie auch sie diese Aussicht genießt, wie zufrieden und tiefenentspannt sie da im Gras liegt und genau weiß, dass es jetzt 1150 Höhenmeter nach unten geht. Wobei sie den Uphill mehr liebt als den Downhill.
Manchmal tat mir die Mavi auch leid. Zum Beispiel, wenn sie mit mir 30 Kilometer mit 2000 Höhenmeter lief und kurz vor zu Hause, auf den letzten 1500 Metern, ein degenerierter Golden Retriever ankam und sie zum Fetzen aufforderte. Ach was hätte sie jedes Duell gegen diesen Trottel gewonnen, hätte sie nicht diese 5 Stunden in den Pfoten.

Und nun wird sie älter. Sie bekommt öfter Pause. Dass sie mich enttäuscht anschaut und empört ist, wenn ich alleine loslaufe, wird seltener.
Nur wenige Hunde haben die Lebenslaufleistung von Mavi. Sie sollte Urkunden, Pokale und Awards bekommen. Mal sehen – ich lasse mir für die NIGHT OF THE TRAIL am 7.2.205 was einfallen. Ein überraschender Moment auf der Bühne. Why not.

von Denis Wischniewski

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